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AutorenbildDr. Dieter Eisfeld

Wie effektiv ist eine Online - Psychotherapie?


Frau macht Online Psychotherapie zuhause mit Laptop auf Sofa

Eine Studie hat erforscht, ob eine Therapie, die über das Internet stattfindet, genauso effektiv ist wie der direkte persönliche Kontakt. Die Frage lautet also: Kann die digitale Variante möglicherweise sogar Vorteile bieten?


Den Beginn einer Therapie finden viele Menschen herausfordernd. Schon der erste Anruf erfordert für einige Überwindung, und bis Betroffene nach einem Erstgespräch einen Therapieplatz erhalten, können oft Monate vergehen. Zudem ist es wünschenswert, dass die Therapie gut in den Arbeitsalltag integriert werden kann, also idealerweise nicht zu zeitaufwendig ist, um zusätzlichen Stress zu vermeiden.


Im Fall einer Online-Psychotherapie entfällt zumindest dieser anfängliche Aufwand, aber es gibt noch weitere Vorteile.


"Die wahren Kosten für die mentale Gesundheit entstehen nicht durch die Behandlung von Bedingungen, sondern durch deren Nichtbehandlung", betont Ana Catarino, Direktorin für klinische Gesundheit am Ieso Digital Health Institute im Vereinigten Königreich. Als Co-Autorin einer aktuellen Studie hat sie die Effektivität einer digitalen Therapie im Vergleich zu einer herkömmlichen vor-Ort-Behandlung untersucht, wie im "Scientific American" zitiert.


Die Vorteile einer Online-Therapie sind vielfältig


Ein offensichtlicher Pluspunkt ist die Einsparung des Weges, aber es bietet auch die Sicherheit des eigenen Zuhauses im Gegensatz zu einer fremden Umgebung. Dies kann es beispielsweise einfacher machen, sich auf Gefühle einzulassen. Obwohl sicherlich einige Menschen den persönlichen Kontakt bevorzugen, ist dies nicht unbedingt erforderlich. Eine professionelle Distanz soll aufrechterhalten werden, daher ist ein physischer Kontakt mit dem Therapeuten oder der Therapeutin eher unwahrscheinlich.


Welche Vorteile hat die Studie festgestellt?


Die Studie zeigt, dass die Wartezeiten für einen digitalen Therapieplatz kürzer sind als für einen in einer Praxis. Dies bietet einen bedeutenden Vorteil für die mentale Gesundheit, da längere Wartezeiten oft zu einer Verschlechterung des psychischen Zustands führen, was wiederum die Behandlungsdauer verlängern kann. Schnelleren Zugang zur Hilfe zu haben, ist nicht nur für die Patientinnen und Patienten wichtig, sondern reduziert auch Krankheitskosten und Krankheitstage. Beides steigt laut Experten im Laufe der Zeit an.


Nach Angaben der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e. V. (dgppn) erfüllt mehr als jeder vierte Erwachsene in Deutschland im Verlauf eines Jahres die Kriterien einer psychischen Erkrankung. Die häufigsten Krankheitsbilder dabei sind Angststörungen, Depressionen sowie Störungen aufgrund von Alkohol- oder Medikamentenkonsum.


Wie eine Online-Psychotherapie funktionieren kann


In ihrer Studie konzentrierten sich die Wissenschaftler:innen insbesondere auf die Wirksamkeit einer speziellen Form der Online-Therapie: die textbasierte kognitive Verhaltenstherapie über einen Chat mit einem:einer Therapeut:in. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um 1:1-Sitzungen, jedoch virtuell. Die Untersuchung bezieht sich auf die Ergebnisse von 27.540 Patient:innen mit Depressionen oder Angststörungen. Hierbei wurden reale Daten aus dem Gesundheitssystem des Vereinigten Königreichs herangezogen, und Faktoren wie Wartezeit, Behandlungsdauer, klinische Diagnose sowie die Ausprägung der Symptome vor und nach Abschluss der Behandlung wurden berücksichtigt.


Das Ergebnis der Studie zeigt, dass die online durchgeführte kognitive Verhaltenstherapie über den Chat einen ähnlichen Effekt wie die persönliche Variante hat. Die Wissenschaftler:innen analysierten die Veränderung der Symptome über einen Zeitraum von zwei Jahren, einschließlich monatlicher Updates. Die Kosten für die chatbasierte Therapie mit einem Therapeut:in waren zudem geringer als bei herkömmlichen Angeboten. Dies wurde darauf zurückgeführt, dass durch den schnelleren Zugang weniger andere Gesundheitsdienste genutzt wurden, um die Symptome zu verbessern, und die Lebensqualität der Menschen zunahm.


Weniger effektiv schnitten Therapieformen ohne fachkundige Person ab, wie beispielsweise Online-Selbsthilfeangebote oder Workshops ohne einen:eine Therapeut:in. Die Abbruchrate bei solchen Angeboten war höher und sie schienen eher bei milder Symptomatik unterstützend zu wirken, so die Erkenntnisse der Wissenschaftler:innen.


Warum eine online-basierte Psychotherapie sinnvoll ist


Zusammenfassend ergab die Studie, dass eine verkürzte Wartezeit und eine effiziente Behandlung entscheidend sind, insbesondere bei der Therapie von Angststörungen oder Depressionen. Die internetbasierte Therapieform kann teilweise in der Hälfte der Zeit im Vergleich zur traditionellen Therapie durchgeführt werden, da die Wartezeiten kürzer sind, betonen die Forschenden. Der Chat-basierte Ansatz hat zudem den Vorteil, dass Patient:innen ihre Gedanken schriftlich formulieren können, was möglicherweise zu einer vertieften Selbstreflexion führt.


Generell sind Therapieformen, die von fachkundigen Personen geleitet werden, besonders hilfreich bei der Behandlung schwerwiegenderer Symptome von Angststörungen oder Depressionen. Selbsthilfeformate hingegen erweisen sich eher als sinnvoll bei milderen Symptomen.




 





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